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FREISPRUCH IN WERNIGERODE

Liebe Community,

Am 20.2.2025 fand vor dem Amtsgericht Wernigerode die Hauptverhandlung in einer Strafsache gegen einen meiner Mandanten statt. Ihm wurden vier Fälle von Volksverhetzung zur Last gelegt (und zwar in der Variante der Verharmlosung des NS-Unrechts, also § 130 Abs. 3 StGB)), einer davon in Tateinheit mit der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB).

Tatvorwurf Nr. 1 bis 3 betraf jeweils einen Facebook-Post mit dem Schriftzug "Impfen macht frei" auf einer Illustration des Eingangstores zum KZ Auschwitz. Tatvorwurf Nr. 4 betraf eine Illustration von zwei Hakenkreuzen, eines davon überschrieben mit "1941" und das andere mit "2021". Jenes Hakenkreuz, das mit "2021" überschrieben war, war aus Impfspritzen zusammengesetzt.

Denselben Mandanten hatte ich im November erfolgreich vor dem OLG Koblenz verteidigt: Damals bestätigte das OLG Koblenz den zweitinstanzlichen Freispruch meines Mandanten wegen eines "Impfen-macht-frei" Post in der oben dargestellten Illustration. Deshalb machte der Richter hier auch kurzen Prozess: Er sehe nicht ein, warum er dann hier abweichend entscheiden solle. Es könne niemandem vermittelt werden, dass in Wernigerode unter Strafe verboten sei, was in Koblenz erlaubt sei. Damit waren die ersten drei Tatvorwürfe schnell vom Tisch.

Bedenken hatte der Richter zunächst jedoch wegen der Hakenkreuz-Illustration. Ich konnte ihn jedoch in meinem Plädoyer davon überzeugen, dass diese Illustration vorliegend nach § 86a Abs. 3 i. V. m. 86 Abs. 4 StGB straffrei ist. Denn meinem Mandanten ging es nur darum, seine Sorge zum Ausdruck zu bringen, dass die barbarischen Verbrechen, die wir in der NS-Zeit erleben mussten, heute in anderem Gewand wiederkehren könnten. Die NS-Zeit begann ja nicht mit den Konzentrationslagern, sondern mit ausgrenzender und diffamierender Feindbild-Rhetorik. Einige besonders widerwärtige Zitate der Feindbild-Rhetorik, die in der Corona-Zeit gegen "Impfverweigerer" verbreitet wurde, brachte ich zur Verlesung. Ich hatte zu diesem Zweck einen 91-seitigen Schriftsatz eingereicht, den ich sogleich in einem separaten Telegram-Post in anonymisierter Form veröffentlichen werde. Als ich ca. 15 dieser Zitate verlesen hatte, meinte der Richter, er unterbreche mich ja ungern, aber die Botschaft sei angekommen. Ich hätte auf der Grundlage des besagten Schriftsatzes bis in den Abend hinein plädieren können - aber das konnte ich den Verfahrensbeteiligten zum Glück ersparen.

Wir erkennen an diesem Fall ein weiteres Mal, dass es - unbeschadet der Tatsache, dass wir in der Gesamtsicht mit den allermeisten Arbeitsergebnissen der deutschen Justiz in Corona-Angelegenheiten nicht zufrieden sein können - ein Fehler ist, pauschal die deutsche Justiz zu verunglimpfen: Ich bin in Wernigerode auf einen unvoreingenommenen Richter gestoßen, der bereit war, sich von sachlich vorgetragenen Argumenten überzeugen zu lassen. Ich könnte mir vorstellen, dass dem Richter viele dieser Zitate neu waren, und das erlebe ich auch in anderen Gesprächen mit Menschen, die damals der Regierungslinie gefolgt sind: Viele haben sich impfen lassen und sich an die Regeln gehalten, weil sie glaubten, das Richtige zu tun, und haben die Hasspropaganda nicht oder nur am Rande mitbekommen. Die Hassrede gegen "Impfverweigerer" löst auch bei solchen Menschen ein Störgefühl aus.

Herzliche Grüße
Ihr und Euer
Martin Schwab



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FREISPRUCH IN WERNIGERODE

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Am 20.2.2025 fand vor dem Amtsgericht Wernigerode die Hauptverhandlung in einer Strafsache gegen einen meiner Mandanten statt. Ihm wurden vier Fälle von Volksverhetzung zur Last gelegt (und zwar in der Variante der Verharmlosung des NS-Unrechts, also § 130 Abs. 3 StGB)), einer davon in Tateinheit mit der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB).

Tatvorwurf Nr. 1 bis 3 betraf jeweils einen Facebook-Post mit dem Schriftzug "Impfen macht frei" auf einer Illustration des Eingangstores zum KZ Auschwitz. Tatvorwurf Nr. 4 betraf eine Illustration von zwei Hakenkreuzen, eines davon überschrieben mit "1941" und das andere mit "2021". Jenes Hakenkreuz, das mit "2021" überschrieben war, war aus Impfspritzen zusammengesetzt.

Denselben Mandanten hatte ich im November erfolgreich vor dem OLG Koblenz verteidigt: Damals bestätigte das OLG Koblenz den zweitinstanzlichen Freispruch meines Mandanten wegen eines "Impfen-macht-frei" Post in der oben dargestellten Illustration. Deshalb machte der Richter hier auch kurzen Prozess: Er sehe nicht ein, warum er dann hier abweichend entscheiden solle. Es könne niemandem vermittelt werden, dass in Wernigerode unter Strafe verboten sei, was in Koblenz erlaubt sei. Damit waren die ersten drei Tatvorwürfe schnell vom Tisch.

Bedenken hatte der Richter zunächst jedoch wegen der Hakenkreuz-Illustration. Ich konnte ihn jedoch in meinem Plädoyer davon überzeugen, dass diese Illustration vorliegend nach § 86a Abs. 3 i. V. m. 86 Abs. 4 StGB straffrei ist. Denn meinem Mandanten ging es nur darum, seine Sorge zum Ausdruck zu bringen, dass die barbarischen Verbrechen, die wir in der NS-Zeit erleben mussten, heute in anderem Gewand wiederkehren könnten. Die NS-Zeit begann ja nicht mit den Konzentrationslagern, sondern mit ausgrenzender und diffamierender Feindbild-Rhetorik. Einige besonders widerwärtige Zitate der Feindbild-Rhetorik, die in der Corona-Zeit gegen "Impfverweigerer" verbreitet wurde, brachte ich zur Verlesung. Ich hatte zu diesem Zweck einen 91-seitigen Schriftsatz eingereicht, den ich sogleich in einem separaten Telegram-Post in anonymisierter Form veröffentlichen werde. Als ich ca. 15 dieser Zitate verlesen hatte, meinte der Richter, er unterbreche mich ja ungern, aber die Botschaft sei angekommen. Ich hätte auf der Grundlage des besagten Schriftsatzes bis in den Abend hinein plädieren können - aber das konnte ich den Verfahrensbeteiligten zum Glück ersparen.

Wir erkennen an diesem Fall ein weiteres Mal, dass es - unbeschadet der Tatsache, dass wir in der Gesamtsicht mit den allermeisten Arbeitsergebnissen der deutschen Justiz in Corona-Angelegenheiten nicht zufrieden sein können - ein Fehler ist, pauschal die deutsche Justiz zu verunglimpfen: Ich bin in Wernigerode auf einen unvoreingenommenen Richter gestoßen, der bereit war, sich von sachlich vorgetragenen Argumenten überzeugen zu lassen. Ich könnte mir vorstellen, dass dem Richter viele dieser Zitate neu waren, und das erlebe ich auch in anderen Gesprächen mit Menschen, die damals der Regierungslinie gefolgt sind: Viele haben sich impfen lassen und sich an die Regeln gehalten, weil sie glaubten, das Richtige zu tun, und haben die Hasspropaganda nicht oder nur am Rande mitbekommen. Die Hassrede gegen "Impfverweigerer" löst auch bei solchen Menschen ein Störgefühl aus.

Herzliche Grüße
Ihr und Euer
Martin Schwab

BY Prof. Dr. Martin Schwab Offiziell


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In 2018, Russia banned Telegram although it reversed the prohibition two years later. Apparently upbeat developments in Russia's discussions with Ukraine helped at least temporarily send investors back into risk assets. Russian President Vladimir Putin said during a meeting with his Belarusian counterpart Alexander Lukashenko that there were "certain positive developments" occurring in the talks with Ukraine, according to a transcript of their meeting. Putin added that discussions were happening "almost on a daily basis." The War on Fakes channel has repeatedly attempted to push conspiracies that footage from Ukraine is somehow being falsified. One post on the channel from February 24 claimed without evidence that a widely viewed photo of a Ukrainian woman injured in an airstrike in the city of Chuhuiv was doctored and that the woman was seen in a different photo days later without injuries. The post, which has over 600,000 views, also baselessly claimed that the woman's blood was actually makeup or grape juice. If you initiate a Secret Chat, however, then these communications are end-to-end encrypted and are tied to the device you are using. That means it’s less convenient to access them across multiple platforms, but you are at far less risk of snooping. Back in the day, Secret Chats received some praise from the EFF, but the fact that its standard system isn’t as secure earned it some criticism. If you’re looking for something that is considered more reliable by privacy advocates, then Signal is the EFF’s preferred platform, although that too is not without some caveats. Unlike Silicon Valley giants such as Facebook and Twitter, which run very public anti-disinformation programs, Brooking said: "Telegram is famously lax or absent in its content moderation policy."
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